1.
Noch am Ende der vergangenen Legislaturperiode wurde der arbeits- und sozialrechtliche Schutz für Frauen nach Fehlgeburten verbessert, wenigstens für die Zeit ab der 13. Schwangerschaftswoche. Diese Änderungen durch das „Mutterschutzanpassungsgesetz“ treten am 1. Juni 2025 in Kraft.
Damit ist gesetzlich klargestellt, was in einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21.08.2024 noch offengeblieben war (1 BvR 2106/22). Damals waren vier Frauen mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen das geltende Recht gescheitert, weil das Gericht aus formalen Gründen die Beschwerde nicht zur Entscheidung annahm. Unter anderem war es der Auffassung, dass die Beschwerdeführerinnen zunächst in unmittelbaren Verfahren gegen die Krankenkassen bzw. die Arbeitgeber ihr Recht in der Sozial- oder Arbeitsgerichtsbarkeit hätten suchen müssen: Möglicherweise seien die Gesetze auch in der geltenden Fassung schon zu Gunsten von Frauen nach Fehlgeburten auszulegen. Deshalb müsse und dürfe vom Verfassungsgericht inhaltlich (noch) nicht Stellung bezogen werden.
Das jetzige Gesetz geht u. a. auch auf eine Petition zurück.
2.
Bisher waren Frauen nach einer Fehlgeburt anders als nach einer Lebend- oder Totgeburt nicht automatisch von der Pflicht zur Arbeitsleistung freizustellen. Sahen Betroffene sich wegen der physischen und psychischen Belastungen durch die Fehlgeburt zur Arbeit außer Stande, waren sie darauf angewiesen, sich ärztlich „krankschreiben“ zu lassen und auf diese Weise nicht arbeiten zu müssen und Gehaltsfortzahlung beanspruchen zu können.
Dies wurde nun geändert:
Es wurden zeitlich gestaffelte Schutzfristen eingeführt, je nach dem Zeitraum, in den die Fehlgeburt fällt:
Während dieser Schutzfristen „darf der Arbeitgeber eine Frau nicht beschäftigen, soweit sie sich nicht zur Arbeitsleistung ausdrücklich bereit erklärt“, § 3 Abs. 5 MuSchG (Mutterschutzgesetz neuer Fassung).
Ferner ist von der Krankenkasse Mutterschaftsgeld nach § 24i SGB V (Fünftes Buch Sozialgesetzbuch) zu zahlen.
Und die Arbeitgeber müssen ergänzend zum Mutterschaftsgeld den Zuschuss nach § 20 MuSchG leisten. (Dabei haben sie die Möglichkeit einer Erstattung gegenüber der Krankenkasse aus einem Umlageverfahren, in dessen Rahmen sie auch regelmäßig Einzahlungen vornehmen.)
Dies gilt für Frauen, die in der gesetzlichen Krankenkasse pflichtversichert sind.
Auch wurde die Mutterschutzverordnung für Soldatinnen entsprechend geändert.
Besonderheiten gelten für freiwillig in der gesetzlichen Krankenkasse Versicherte und für privat Versicherte.
3.
Schon bisher galt – und gilt unverändert weiter – ein besonderer arbeitsrechtlicher Kündigungsschutz wie auch während der Schwangerschaft und nach einer Entbindung:
Nach § 17 Abs. 1 MuSchG ist eine Kündigung bis zum Ablauf von vier Monaten nach einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung die Fehlgeburt bekannt ist oder wenn sie ihm innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird.
4.
Für Fehlgeburten vor der dreizehnten Schwangerschaftswoche hat sich das Recht nicht geändert.
Plagemann Rechtsanwälte
Ansprechpartner:innen:
Martin Schafhausen, Thomas Franz, Leah Weiss