LAG Köln: Keine Rückzahlung eines Darlehens mangels Zugang einer Email

In einem Urteil vom 11.01.2022 (Az. 4 Sa 315/21) hatte das Landesarbeitsgericht in Köln (LAG) über den Zugang einer E-Mail zu entscheiden. Die Parteien stritten darüber, ob einem Arbeitnehmer ein Stellenangebot fristgerecht zugegangen und damit gleichzeitig die Bedingung zur Rückzahlung eines zuvor gewährten Darlehens eingetreten war.

1. Für die Übermittlung von Willenserklärungen gibt es diverse Wege. Insbesondere die digitale Kommunikation ist allgegenwärtig. Auch in Arbeitsverhältnissen werden häufig Erklärungen und Mitteilungen via E-Mail versandt. Doch insbesondere, wenn mit den Erklärungen bestimmte rechtliche Folgen verbunden sind, können auftretende Probleme bei der Übermittlung weitreichende Folgen nach sich ziehen. Mit dem Urteil des LAG Köln wird deutlich: Der Weg über eine E-Mail ist nicht immer schnell und einfach.

2. In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall hatte eine Arbeitgeberin (eine Fluggesellschaft) einem Arbeitnehmer ein Darlehen zur Verfügung gestellt, um eine kostenintensive Ausbildung zum Piloten zu finanzieren. Im Darlehensvertrag hatten die Parteien vereinbart, dass die Arbeitgeberin auf die Rückzahlung des Darlehens verzichtet, wenn sie dem Arbeitnehmer nicht binnen fünf Jahren nach Beendigung der Fortbildung ein Arbeitsverhältnis anbietet.

Der Arbeitnehmer schloss die Ausbildung zum Piloten am 26.10.2013 ab. Die Frist zum Angebot eines Arbeitsvertrages endete daher am 26.10.2018. Mit einem Schreiben, dass dem Arbeitnehmer am 27.10.2018 zugegangen war, bot die Arbeitgeberin ihm einen Arbeitsplatz an. Infolgedessen kam ein Arbeitsverhältnis auch zustande. In der Folgezeit behielt die Arbeitgeberin von den Lohnzahlungen jeweils 500 € ein und begründete dies mit der Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Rückzahlung des Darlehens. Sie behauptete, dem Arbeitnehmer bereits am 25.10.2018 eine E-Mail mit dem Angebot des Arbeitsverhältnisses übersandt zu haben.

Der Arbeitnehmer hingegen behauptete, dass ihm die E-Mail erst am 28.10.2018 zugegangen sei und er daher nicht zur Rückzahlung verpflichtet sei. Er erhob die Klage vor dem Arbeitsgericht in Köln und forderte unter anderem die Rückzahlung des einbehaltenen Lohns.

3. Im gerichtlichen Verfahren verwies die Beklagte auf ihr Posteingangs- und Postausgangsfach ihres E-Mail-Kontos. Aus diesem ergab sich, dass die betreffende E-Mail am letzten Tag der Frist verschickt wurde. Auch habe es keine Nachricht über die Unzustellbarkeit der E-Mail gegeben. Daher bestehe schon der Beweis des ersten Anscheins dahingehend, dass die E-Mail fristgerecht zugegangen sei.

Der Kläger hingegen berief sich darauf, dass ihm die entsprechende E-Mail erst drei Tage später zugegangen sei und verwies auf das Posteingangsfach seines E-Mail-Kontos.

Das Arbeitsgericht hat der Klage insoweit stattgegeben, dass die Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger den Lohn zurückzuzahlen. Hiergegen hat die Beklagte die Berufung vor dem LAG Köln eingelegt.

Das LAG hat das Urteil des Arbeitsgerichts insoweit bestätigt und eine Revision nicht zugelassen. Zur Begründung führte das Gericht insbesondere aus, dass der Absender einer E-Mail vor Gericht darzulegen und zu beweisen habe, dass die E-Mail nicht nur versendet wurde, sondern auch dem Empfänger auch zugegangen ist. Diesen Beweis habe die Beklagte nicht führen können.

Der Zeitpunkt des Zugangs von E-Mails ist umstritten. Das LAG folgte der Ansicht, dass der Zugang einer E-Mail erfolge, wenn die E-Mail auf dem Server des Empfänger-Kontos gespeichert wird. Dies sei allein durch das Absenden jedoch nicht gewiss. Vergleichbar mit dem Postversand könne es auch beim E-Mail-Versand zu technischen Problemen kommen, die dazu führen, dass die Erklärung nicht beim Empfänger ankommt. Da der Absender den Weg der Übermittlung wählt, habe er das jeweilige Risiko zu tragen. Um sicherzustellen, dass die E-Mail den Empfänger erreicht habe, habe er zudem die Möglichkeit, eine Lesebestätigung anzufordern und diese im Falle eines gerichtlichen Verfahrens als Beweis vorzulegen.

4. Bei der Übermittlung von sogenannten empfangsbedürftigen Willenserklärungen gibt es diverse Fallstricke. Häufig sind Formvorgaben und Fristen vereinbart oder sogar gesetzlich vorgegeben. Doch auch bei der Wahl des Übermittlungsweges kann es zu Problemen kommen, wie die Entscheidung des LAG Köln eindrücklich zeigt.

In sämtlichen Bereichen des Lebens stellen sich – nicht zuletzt durch die fortschreitende Digitalisierung – stets neue (arbeits-)rechtliche Fragestellungen. Viele davon sind nicht allein durch den Gesetzeswortlaut zu klären, sondern erfordern die stete Beobachtung der Rechtsprechung.

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