07.01.2021

COVID-19 als Berufskrankheit? Stellungnahme des Sachverständigenbeirats

In der aktuellen Corona-Pandemie kann durch berufliche Kontakte eine Erkrankung entstehen.

1.

Im deutschen gesetzlichen Unfallversicherungsrecht wird allerdings nicht jede im Beruf entstandene Erkrankung als Berufskrankheit im gesetzlichen Sinn (für die es unter bestimmten Umständen auch Entschädigungsleistungen geben kann) anerkannt. Sondern nur solche Krankheiten sind anerkennungsfähig, die auf einer Liste aufgeführt sind (Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung),

Die Berufskrankheit 3101 auf der Liste hat die Bezeichnung:

„Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war“.

Bei ärztlich und pflegerisch tätigen Personen gibt es nach dem Wortlaut keine Zweifel, dass eine Ansteckung mit dem Corona-Virus anerkannt werden kann. Unklar ist aber, durch welche anderen Tätigkeiten eine berufstätige Person „der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt“ ist.

2.

Aus einer Pressemitteilung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 06.01.2021 ergibt sich, dass der dort bestehende Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten „orientierend geprüft“ hat, welche weitere Tätigkeiten oder Tätigkeitsbereiche die Voraussetzungen erfüllen könnten. Die bisherigen Untersuchungen hätten das deutlich erhöhte COVID-19-Erkrankungsrisiko bei Beschäftigten im Gesundheitswesen bestätigt. Weiter heißt es aber: 

„Jedoch lassen sich zum jetzigen Zeitpunkt keine anderen Tätigkeiten identifizieren, für die sich konsistent und wissenschaftlich belastbar ein vergleichbar hohes COVID-19-Erkrankungsrisiko gezeigt hat“.

Das schließe nicht aus, dass später auf der Grundlage einer verbesserten epidemiologischen Studienlage doch noch erhöhte Risiken für andere Berufsbereiche anerkannt würden. Erwähnt wird die Frage eines erhöhten Erkrankungsrisikos in Schlachthöfen. Diese seien aber bislang nur unzureichend epidemiologisch untersucht worden.

Da die Lage also offenbar noch unklar ist, sollte man sich hierdurch nicht davon abhalten lassen, gegebenenfalls einen Antrag auf Anerkennung einer Berufskrankheit zu stellen und dies überprüfen zu lassen!

3.

Das Bundesministerium weist zutreffend weiter darauf hin, dass statt der Anerkennung als Berufskrankheit im Einzelfall aber auch eine Anerkennung als Arbeitsunfall in Frage kommt, nämlich dann, wenn ein ganz bestimmter situativer beruflicher Kontakt zu einem infizierten Menschen in Rede steht.

Auch hier sollte also ein Antrag nicht etwa unterbleiben, sondern mit dem Antrag sollte die Prüfung durch den Unfallversicherungsträger auch im Blick auf einen Arbeitsunfall in Gang gesetzt werden. 

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Ursula Mittelmann

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